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Was sich Berlin erzählt.
Wirklich ein smarter Kerl, dieser Buffalo Bill!
Das Glück, das ihn einst in seiner Kundschafterlaufbahn wohlbehalten mitten durch Hinterhalte und über rauhe, von Indianern umlagerte Pfade führte, ist ihm auch in Berlin treu geblieben und brachte ihm für die Stunde der gestrigen Eröffnungsvorstellung prächtiges Wetter. Der mächtige, regendurchtränkte Wiesenplan, hauchte den Tribünen so eine Art Prairieduft zu, die Tropfen auf den Halmen aber blitzten im Sonnenschein, und eine warmgoldige Welle überfluthete den menschenumsäumten Rink, dem das auf eine prachtvolle Weide, den einzigen Baum dieser Naturarena, gepflanzte Sternenbanner stolz überragte - all right! - Die ganze Schaustellung trägt in hohem Maße den Charakter des Ungewöhnlichen, Originellen. Schon die zwölf Kassen der Umzäunung haben etwas apartes. Die Cassirer lugen aus kajütenartigen Oeffnungen hervor.
"Progrämm", "Progrämm" rufen drinnen mit echt amerikanischem Accent die deutsch radebrechenden Angestellten, welche, die Geldtasche um die Schulter gehängt, mit Bündeln von "Wild West-Brochuren" in farbigem Umschlag einhergehen. Auf dem Terrain herrscht schon buntes Leben; das "Café Bauer", eine recht einladende, buntbewimpelte Halle, ist geöffnet und dicht gefüllt; an einem der Tische erfrischen sich Cowboys vor der Arbeit noch an brandy and soda, diesem Lieblings-Mischgetränk des Yankees.
Daß es an Leben, Farbe, Bewegung auf dem eigentlichen Schauplatze nicht fehlte, braucht wohl kaum besonders betont zu werden. Zunächst hielt das Publikum eine Art Revue über sämmtliche Mitglieder der so zahlreichen Buffalo Bill-Truppe ab, deren Lager und hervorragendste Erscheinungen wir bereits gestern unseren Lesern ausführlich geschildert haben. Das wilde Anstürmen der grellbemalten, federbespickten Indianer-Abtheilungen - einige der gedrungenen, sehnigen Gestalten saßen vom Ledenschurz abgesehen, völlig nackt im Sattel - machte einen prächtigen Eindruck. Die Cowboys Buffalo Bill´s mit den wild flatternden Locken in Büffelhaarhosen, die Füße in den breiten, seltsam geformten Steigbügeln auf den hochspringenden kleinen Teufelsrossen sind verwegene Gesellen, deren Reitkunst selbst unsern berühmtesten Herrenreitern Ausdrücke der höchsten Bewunderung entlockt. Die Indianer-Häuptlinge, in wehendem Kriegsschmuck jagen einzeln in die Bahn, und werden von ihren Stammesbrüdern mit betäubendem Geschrei empfangen. Die vier amerikanischen Amazonen der Gesellschaft, durchweg frische, mädchenhafte Gestalten, geben ihren Gefährten an Tollkühnheit nichts nach. Die hübscheste von ihnen ist auch zugleich die beste Reiterin. Das jeder Gefahr spottende Mädchen, welchem die langen schwarzen Locken die Schultern peitschen, saust im enganliegenden bordeauxfarbenen Reitkleid wie ein Sturmwind dahin und führt fast salto mortales mit dem Pferdchen aus. Als nacheinander ein Cowboy mit der deutschen Fahne und ein amerikanischer Cavallerist mit dem Sternenbanner die Bahn umkreisen, erscheint an allen Plätzen stürmischer Beifall. Der kleinste Cowboy der Welt, Brennie Irving, ein Sattel-Knirps, führt im Gürtel einen Revolver, der beinahe halb so groß ist, wie dieses Knäblein. Buffalo Bill, der ganz zuletzt auf schlankem weißen Rosse, in gelb-grünlicher Büffelledertracht, dahersprengt - jeder Zoll ein Prairiefürst - wird mit donnerndem Applaus und Getrampel begrüßt. Es würde nur ermüden, wenn wir hier die Vorstellung Schritt für Schritt verfolgen wollten. So etwas muß man sehen, und selbst diejenigen, denen "Wild-Amerika" noch in Erinnerung ist, würden bei Buffalo Bill erst den eigentlichen "far west" kennen lernen. Bot doch Dr. Carver nur einen Abklatsch, und ist das Original, ist alles reicher und von größerer Massenwirkung. Die Meisterschützin Miß Annie Oakley haben wir den Lesern schon vorgestellt. Ihre Schießkunst ist über jedes Lob erhaben - im Vertrauen gesagt, der Herr, welcher ihr beim Auftreten zur Hand ging, die Büchsen reichte &c., ist ihr Gatte. Ihr eben-
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Was sich Berlin erzählt.
Wirklich ein smarter Kerl, dieser Buffalo Bill!
Das Glück, das ihn einst in seiner Kundschafterlaufbahn wohlbehalten mitten durch Hinterhalte und über rauhe, von Indianern umlagerte Pfade führte, ist ihm auch in Berlin treu geblieben und brachte ihm für die Stunde der gestrigen Eröffnungsvorstellung prächtiges Wetter. Der mächtige, regendurchtränkte Wiesenplan, hauchte den Tribünen so eine Art Prairieduft zu, die Tropfen auf den Halmen aber blitzten im Sonnenschein, und eine warmgoldige Welle überfluthete den menschenumsäumten Rink, dem das auf eine prachtvolle Weide, den einzigen Baum dieser Naturarena, gepflanzte Sternenbanner stolz überragte - all right! - Die ganze Schaustellung trägt in hohem Maße den Charakter des Ungewöhnlichen, Originellen. Schon die zwölf Kassen der Umzäunung haben etwas apartes. Die Cassirer lugen aus kajütenartigen Oeffnungen hervor.
"Progrämm", "Progrämm" rufen drinnen mit echt amerikanischem Accent die deutsch radebrechenden Angestellten, welche, die Geldtasche um die Schulter gehängt, mit Bündeln von "Wild West-Brochuren" in farbigem Umschlag einhergehen. Auf dem Terrain herrscht schon buntes Leben; das "Café Bauer", eine recht einladende, buntbewimpelte Halle, ist geöffnet und dicht gefüllt; an einem der Tische erfrischen sich Cowboys vor der Arbeit noch an brandy and soda, diesem Lieblings-Mischgetränk des Yankees.
Daß es an Leben, Farbe, Bewegung auf dem eigentlichen Schauplatze nicht fehlte, braucht wohl kaum besonders betont zu werden. Zunächst hielt das Publikum eine Art Revue über sämmtliche Mitglieder der so zahlreichen Buffalo Bill-Truppe ab, deren Lager und hervorragendste Erscheinungen wir bereits gestern unseren Lesern ausführlich geschildert haben. Das wilde Anstürmen der grellbemalten, federbespickten Indianer-Abtheilungen - einige der gedrungenen, sehnigen Gestalten saßen vom Ledenschurz abgesehen, völlig nackt im Sattel - machte einen prächtigen Eindruck. Die Cowboy´s Buffalo Bill´s mit den wild flatternden Locken in Büffelhaarhosen, die Füße in den breiten, seltsam geformten Steigbügeln auf den hochspringenden kleinen Teufelsrossen sind verwegene Gesellen, deren Reitkunst selbst unsern berühmtesten Herrenreitern Ausdrücke der höchsten Bewunderung entlockt. Die Indianer-Häuptlinge, in wehendem Kriegsschmuck jagen einzeln in die Bahn, und werden von ihren Stammesbrüdern mit betäubendem Geschrei empfangen. Die vier amerikanischen Amazonen der Gesellschaft, durchweg frische, mädchenhafte Gestalten, geben ihren Gefährten an Tollkühnheit nichts nach. Die hübscheste von ihnen ist auch zugleich die beste Reiterin. Das jeder Gefahr spottende Mädchen, welchem die langen schwarzen Locken die Schultern peitschen, saust im enganliegenden bordeauxfarbenen Reitkleid wie ein Sturmwind dahin und führt fast salto mortales mit dem Pferdchen aus. Als nacheinander ein Cowboy mit der deutschen Fahne und ein amerikanischer Cavallerist mit dem Sternenbanner die Bahn umkreisen, erscheint an allen Plätzen stürmischer Beifall. Der kleinste Cowboy der Welt, Brennie Irving, ein Sattel-Knirps, führt im Gürtel einen Revolver, der beinahe halb so groß ist, wie dieses Knäblein. Buffalo Bill, der ganz zuletzt auf schlankem weißen Rosse, in gelb-grünlicher Büffelledertracht, dahersprengt - jeder Zoll ein Prairiefürst - wird mit donnerndem Applaus und Getrampel begrüßt. Es würde nur ermüden, wenn wir hier die Vorstellung Schritt für Schritt verfolgen wollten. So etwas muß man sehen, und selbst diejenigen, denen "Wild-Amerika" noch in Erinnerung ist, würden bei Buffalo Bill erst den eigentlichen "far west" kennen lernen. Bot doch Dr. Carver nur einen Abklatsch, und ist das Original, ist alles reicher und von größerer Massenwirkung. Die Meisterschützin Miß Annie Oakley haben wir den Lesern schon vorgestellt. Ihre Schießkunst ist über jedes Lob erhaben - im Vertrauen gesagt, der Herr, welcher ihr beim Auftreten zur Hand ging, die Büchsen reichte &c., ist ihr Gatte. Ihr eben-
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