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die Vorstellungen der Buffalo Bill - Wild - West - Gesellschaft des Unterhaltenden und Spannenden außerordentlich viel bieten. Der Besuch der Vorstellungen erfährt deshalb auch von Tag zu Tag eine ungeahnte Zunahme, und da von den Dörfern, Flecken und Städten der näheren und ferneren Umgebung täglich ungezählte Schaaren von Fremden zu dem Zwecke hier eintreffen, haben sich sowohl Staatsbahn wie Landesbahn zur Veranstaltung von Sonderzügen entschlossen. Obgleich z. B. die Pferdebahn gestern Nachmittag mit dreifachem Betriebe nach dem St. Leonhardplatze fuhr, die Omnibuse und Droschken vollbesetzt hinausjagten, genügten diese öffentlichen Verkehrsmittel nicht, um dem Andrange der Menge gerecht zu werden. - So interessant die Vorstellungen von Buffalo Bill´s Wild West auch sind, ein Besuch im Lager der Gesellschaft während ihrer Ruhestunden bietet auch der fesselnden Bilder nicht wenige. An den Tischen der Restauration sitzen in Gruppen Mitglieder der Gesellschaft - Rothhäute, Cowboys und Mexicaner friedlich vereint - und bieten dem Glücke durch Würfeln die Hand, ihre Mittel erlauben ihnen das, erhält doch das geringst besoldete Mitglied 30 Dollars, also mehr denn 120 Mk., monatlich, eine wirklich reichlich bemessene Besoldung, da ihnen außerdem völlig freie Verpflegung mit ganz vorzüglicher Kost gewährt wird. Im Zeltlager herrscht zumeist Ruhe. Zunächst fällt das am Eingange belegene Zelt des Oberst Cody (Buffalo Bill´s) schon dadurch in die Augen, daß ein prächtiger, kunstreich ausgestopfter Büffelkopf dem Eintretenden entgegen schaut. Das Innere des Zeltes ist auf das Sauberste ausgestattet mit Thierfellen, Degen und Emblemen aller Art, mit zahlreichen Andenken an de Heimath des Besitzers der Wohnung, sowie an die Städte, welche er mit seiner Truppe berührte, bezw. wo er Aufenthalt nahm, u. A. werden die Wände von zwei herrlichen Stichen, Pferdeköpfen von Rosa Bonheur, geschmückt, welche, wie eine Widmung besagt, von der berühmten Thiermalerin dem Oberst geschenkt sind. An der Friedhofsseite zieht sich dann eine große Zeltstraße hin. Die Zelte der Cowboys und des sonstigen Personals sind zumeist offen. Mit einem gewissen Bewundern mustert man den bescheidenen und doch anheimelnden Comfort, der in ihnen herrscht: Teppiche auf dem Boden, Diwans, Spiegel, Lampe, Vogelkäfige mit singenden Insassen, glänzende Waffen u. s. w. Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich die leicht erkenntlichen Indianerzelte mit ihrer conischen Form. Ihre Herstellung ist sehr einfach. Fünfzehn Stangen werden wie bajonettierte Gewehre aneinander gelehnt, am Kreuzungspunkte zusammengebunden und das Gerüst mit wasserdichter Leinwand überzogen. Ein einfacher Schlitz durch den Stoff bildet den unbequemen Eingang. Bei schönem Wetter bleibt die Spitze des kegelförmigen Gebäudes unbedeckt, an kalten Tagen erhalten die Rothhäute einen kleinen Ofen zur Verfügung. Die innere Ausstattung ist so primitiv wie die äußere, welche in unbeholfenen Malereien besteht, die Pferde, Menschen, Thiere mit Menschenköpfen u. s. w. darstellen. Auf den einfachen Matratzen liegen oder sitzen die Indianer, theils dem Schlafe sich hingebend, theils der Restaurirung ihrer Gewänder und Schmuckstücke sich widmend. Schweigsamkeit der Insassen ist das Charakteristische dieser Wigwams. Desto mehr Leben und Thätigkeit herrscht am südlichen Ende der Zeltstraße, wo - ebenfalls in einem Leinenzelte - etwa sechs Amerikaner mit dem Herstellen von blinden und scharfen Patronen beschäftigt sind, und rege Thätigkeit ist hier durchaus nothwendig. Werden doch täglich nicht weniger denn 1900 bis 2000 Schuß abgegeben. Nahe dabei übt die graziöse Schützin Miß Annie Oakley ihre Kunstfertigkeit im Treffen von in die Luft geworfenen Kugeln und Geldstücken. Fräulein Oakley, eine recht anziehende Erscheinung, geht bereits seit ihrem zehnten Jahre mit Feuerwaffen um und hat es in deren Gebrauch so weit gebracht, wie kaum Jemand zuvor. Sie schießt in die Luft geworfene Kugeln freihändig mit einer Sicherheit, die geradezu verblüffend wirken muß. Sie wirft Kugeln selbst empor, ergreift dann erst die auf dem Boden liegende Flinte und trifft die niederfallenden Kugeln -
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